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Baustelle Wien Museum Karlsplatz
Zeit der Bewehrung
Von September bis Weihnachten 2020 standen vor allem die Bohrpfähle im Fokus. Insgesamt wurden 95 Bohrpfähle (5 davon extra für das Kranfundament) bis zu 40 Meter tief in die Erde versenkt, und zwar im Bereich des ehemaligen Atriums sowie im Bereich der unterirdischen Erweiterung vor dem Museum. Dies war notwendig, weil das Museum im Anschüttungsbereich des ehemaligen Wienfluss-Beckens steht. Das heißt, dass etwa die ersten zehn Meter nach unten die Erde nicht tragfähig ist – daher muss die Last in die tragfähige untere Bodenschicht abgeleitet werden. Auf diesen Bohrpfählen wird die Last des neuen Bauteils lagern, der ja statisch komplett vom Altbau getrennt ist.
Die Bohrlöcher wurden mit dem ca. 140 Tonnen schweren Bohrpfahlgerät „Leopold“ gemacht. In den Bohrschacht wird zunächst die Bewehrung aus Stahl eingebracht, danach wird ausbetoniert. Wie man auf dem Foto gut erkennen kann, wird zum Schluss der oberste Beton weggestemmt, damit sich der Bohrpfahl perfekt mit der Bodenplatte verbinden kann.
Nachdem die Bohrpfähle finalisiert wurden, erfolgte die Vorbereitung der Bodenplatte. Dafür wurde tonnenweise Bewehrung aus Stahl verlegt, wie hier gut zu sehen ist. Im Atriumbereich wird die Bodenplatte stellenweise bis zu vier Meter dick sein. Mittlerweile ist die Bewehrung in diesem Bereich komplett verlegt, ab sofort wird betoniert. Die Bodenplatte verteilt die Lasten des Aufbaus auf die Bohrpfähle. Ab März 2021 wird das gleiche Prozedere im Bereich des zukünftigen Depots vonstattengehen.
Auch im Bestandsbau wurden vereinzelt Mikropfähle zur Verstärkung hergestellt. Das war deshalb notwendig, weil dort, wo früher das Dach war, zukünftig der Boden des sog. Fugengeschosses sein wird und sich so die Lasten im Bestand leicht erhöhen. Übrigens wurde auch der Altbau von 1959 mit Bohrpfählen statisch abgesichert, wie auf dem Foto gut zu erkennen ist. Zwischen diesen alten Bohrpfählen wurde teilweise Beton eingebracht, um auch hier eine zusätzliche, dem Bauablauf geschuldete Stützung zu erreichen.
Auch aus anderen Gründen muss der Bestandsbau adaptiert werden: So werden z.B. an allen vier Ecken neue Stahlbetonwände eingesetzt, um die bestehenden Erdbebennormen zu erfüllen.
Das Stiegenhaus im hinteren Bereich des Hauses, das vom Personal genutzt wurde, musste abgebrochen werden, da es nicht mehr den geltenden Normen entsprach. Die Stahlträger, die hier zu sehen sind, sind allerdings nur provisorisch – zur Aussteifung des Gebäudes während der Bauphase.
Viele haben sich gefragt, warum das Gebäude so „nackt“ ist bzw. warum die Fassade komplett abgeräumt wurde. Die Antwort ist einfach: Die Fassadenplatten waren nicht original, sondern aus den 80er Jahren. Das neue Gebäude wird neue Fassadenplatten erhalten, die in Abstimmung mit dem Bundesdenkmalamt ausgesucht wurden. Sie werden heller sein und dem ursprünglichen Zustand des Museums aus dem Jahr 1959 wesentlich näher kommen. Das Foto vom ehemaligen Atrium zeigt, wie das denkmalgeschützte zentrale Stiegenhaus mit provisorischen Fenstern und einem Dach ausgestattet wurde, um es vor Witterungseinflüssen zu schützen.
Bei dieser Ansicht auf die Baugrube vor dem Museum kann man gut erkennen, wie rund um den Baum eine Kurve gelegt wurde, um seinen Wurzelraum zu schützen. Ursprünglich musste man damit rechnen, dass etliche Bäume aufgrund des Bauprojekts gefällt werden müssen. Doch aufgrund entsprechender Bemühungen konnte dies verhindert werden – nur ein Baum direkt vorm Museum musste entfernt werden.
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Kommentare
Liebe Frau Spiluttini, vielen Dank für Ihr tolles Feedback!! Es freut uns sehr, dass wir solche "Fans" haben wie Sie - wir werden hier im Magazin auch weiterhin über den Baufortschritt berichten! Herzliche Grüße, Peter Stuiber (Wien Museum Magazin)
Das Wien Museum ist mein Lieblingsmuseum, und ich habe mich sehr gefreut, als damals der Beschluss gefasst wurde, es an seinem Standplatz zu lassen und es zu erweitern! Mir gefällt alles sehr gut, das neue Projekt, der Werdegang und die Berichte dazu hier im Magazin!
Ich freue mich auf das "neue" Haus und finde alle Berichte dazu sehr spannend, wie auch die anderen Artikel im Magazin!
Mit besten Grüßen
Gerda Spiluttini
Sehr geehrter Herr Kürsten, vielen Dank für Ihren Kommentar! Das Gebäude steht unter Denkmalschutz. Dieser erstreckt sich nicht auf die Fassadenplatten, weil diese nicht mehr original waren. Die Fenster wurden ausgebaut, weil sie restauriert werden. Die originale Haerdtl-Direktion wurde ausgebaut, weil sie restauriert wird, ebenso der Lift aus dem Jahr 1959 etc.
Beste Grüße, Peter Stuiber (Wien Museum Magazin)
"Viele haben sich gefragt, warum das Gebäude so „nackt“ ist bzw. warum die Fassade komplett abgeräumt wurde. "
Ich frage mich, warum man, nachdem das Gebäude praktisch komplett ausgehöhlt wurde, nicht gleich einen Neubau gewagt hat.
Wenn sogar die Fassade neu gemacht werden muss....
Sehr geehrte Frau Schipek, vielen Dank für ihre positive Rückmeldung und die guten Wünsche für unser Bauprojekt - wir werden hier im Magazin darüber weiter regelmäßig berichten! Herzliche Grüße, Peter Stuiber (Wien Museum Magazin)
Sehr interessant. Vielen Dank.
(Ich finde nur, es heißt zu oft, dass etwas "gut zu erkennen" sei.
Sehr spannend und informativ die Erklärungen zum Baufortschritt!
Danke, so wachse ich ‚innerlich‘ mit dem Haus mit!
Weiterhin toitoitoi
Elisabeth Schipek