Beiträge zum Thema NS-Zeit
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Wiener Biografien aus der NS-Zeit
Schuldig wegen „Unzuchtshandlungen“
Andreas Brunner, Co-Leiter von QWIEN – Zentrum für queere Geschichte, hat ein Buch über die Verfolgung von Homosexuellen in Wien zur NS-Zeit geschrieben. Erzählt werden darin die Schicksale von über 60 Menschen. Meist sind es sogenannte „kleine“ Menschen, die in einem von Armut und Erwerbsdruck gezeichneten Alltag ihre Sexualität zu leben versuchten. Die folgenden zwei Fallgeschichten geben Einblick in das Projekt.

Dorothea Neff anlässlich der Verleihung der Kainz-Medaille, 1963, Foto: Votava / brandstaetter images / picturedesk.com
Wie Dorothea Neff ihre Freundin Lilli Wolff vor den Nazis versteckte
Mutig für zwei Leben
Am 21. Februar jährt sich der Geburtstag von Dorothea Neff (1903 – 1986) zum 120. Mal. Sie war nicht nur eine der größten Schauspielerinnen der Nachkriegszeit, sondern auch eine mutige Frau, die mit ihrer Liebe der jüdischen Modeschöpferin Lilli Wolff das Leben rettete. Mehr als drei Jahre versteckte Dorothea Neff ihre Freundin in ihrer Wohnung in der Annagasse. Wären sie entdeckt worden, hätte es beiden das Leben gekostet.

Der ehemalige Geschützturm ist nur im Hof der Stiftskaserne in seiner vollen Höhe zu sehen. Quelle: Archiv des Bezirksmuseums Neubau, undatierte Ansichtskarte.
Der Flakturm in der Stiftskaserne
Ein unbekannter Riese
Bis heute versinnbildlichen die monumentalen Flaktürme den Schrecken der NS-Zeit. Der zentralste, zugleich geheimste von ihnen ist der ehemalige Geschützturm in der Stiftskaserne General Spannocchi. Er war nicht nur militärischer Arbeits-platz, sondern auch Luftschutzbunker für die Zivilbevölkerung. Bei Fliegeralarm bezog NS-Bürgermeister Hanns Blaschke im Turm seinen Befehlsstand, von dem aus er etwa mit dem „Schirach-Bunker" am Gallitzinberg kommunizierte.

Siedlung „Am Wasserturm“ in Favoriten (Architekten: Franz Schuster und Franz Schacherl), ca. 1925, Wien Museum
Der Architekt Franz Schuster
Funktionalist im Wandel der Zeit
Franz Schuster nimmt in der österreichischen Architekturgeschichte des 20. Jahrhunderts einen höchst bedeutsamen Rang ein. Anders als seine Generationskolleg:innen Margarete Schütte -Lihotzky oder Clemens Holzmeister ist er heute jedoch kaum noch bekannt. Das hat nichts mit mangelnder Qualität seines Werks zu tun, sondern mit seiner Nähe zum NS-Regime.

Ehrenring der Stadt Wien in der ab 1946 verliehenen Form; dieses Exemplar wurde 1983 an Karl Popper verliehen; Foto: Auktionshaus H.D. Rauch
Der Ehrenring der Stadt Wien
Auszeichnung im Wandel der Zeit
Neben den Ehrenzeichen verleiht die Stadt eine große Anzahl unterschiedlichster Auszeichnungen, darunter ab 1925 den „Ehrenring der Stadt Wien“. 1941 wurde er von Oswald Haerdtl neu gestaltet: Der damalige Entwurf ist weitgehend unverändert geblieben – nach dem Krieg hat man einfach die Hakenkreuze weggelassen. Verliehen wurde er das letzte Mal 2004.

Hafenbecken, nördliches Ufer und Blaues Wasser, 1953, Foto: Kurt Gerlach/WStLA
Alberner Hafen
Ein Relikt des monumentalen NS-Hafens
Industriebauten, Aulandschaft und der Friedhof der Namenlosen: Den Alberner Hafen in Simmering kennen Spaziergänger*innen heute als Industriestandort und Freizeitareal. Geplant und errichtet wurde er in der NS-Zeit als Teil eines Donau-Großhafens, durch den Wien zum „Hamburg des Ostens“ werden sollte.

Haus der Mode – Palais Lobkowitz, in: Wiener Mode, Heft 4, 1939, Wien Museum, Foto: Paul Bauer
Das Haus der Mode in der NS-Zeit
Wien als „Reichsmodestadt“
Ein Schwerpunkt des nationalsozialistischen Wirtschaftsplans lag auf der Stärkung der Textilindustrie und der Förderung der „Wiener Mode“. Bereits vor 1938 zählte die Ausfuhr von Textilien zu den wichtigsten Exportprodukten von Fertigwaren. Ein Einblick in ein Kapitel des Forschungsprojekts zur NS-Kunstpolitik in Wien, dem aktuell im Wien Museum MUSA eine Ausstellung gewidmet ist.

Grete Wiesenthal tanzt (im Kostüm aus „Die Tänzerin und die Marionette“) in Weigl‘s Dreherpark, Wien 1907, Foto: Rudolf Jobst, Wien Museum
Briefwechsel von Grete Wiesenthal mit Lily Calderon-Spitz
„Die Schäbigen sind unerschüttert“
Anlässlich des 50. Todestages: Eine Montage aus dem unveröffentlichten Briefwechsel von Grete Wiesenthal mit Lily Calderon-Spitz, die 1938 aus Wien flüchtete.

Robert Haas: Praterszene, aus der Serie: Böhmischer Prater, Laaer Berg, Wien 7.6.1938, © Wien Museum/Sammlung Robert Haas
Robert Haas` Flucht 1938
„Nicht die Nerven verlieren! Sie kommen noch heraus!“
Der jüdische Fotograf Robert Haas dachte bereits im April 1938 an Flucht aus Österreich. Doch erst Ende September 1938 sollte es ihm gelingen, sich über England in die USA zu retten. Heftige Briefwechsel, Vorladungen von der Gestapo und unzählige weitere bange Momente.

Richard Grune: „Passion des XX. Jahrhunderts“, 10 Reproduktionen nach Lithographien von Richard Grune mit einem Geleitwort von Richard Blunck, Produktion Ernst Tessloff im Hans A. Krune-Verlag, Hamburg 1947, Schenkung Tobias G. Natter/ Sammlung Wien Museum
Homosexuelle in der NS-Zeit
Im Netz der Verfolgung
Fast neun Jahre seines Lebens war Richard Grune wegen seiner Homosexualität in NS-Konzentrationslagern inhaftiert. Den Terror verarbeitete er unmittelbar nach seiner Befreiung in seinem zehn Lithographien umfassenden Mappenwerk „Passion des XX. Jahrhunderts“, das nun als Schenkung von Tobias G. Natter in die Sammlung des Wien Museums kam.