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Wien Museum geht in die Schule
Zeitreise mit Pfitschigogerl
Montag, 8 Uhr morgens. Der Kleinlaster für den Transport der mobilen Ausstellung und der Workshopkisten steht bereit. Routiniert beladen die Männer der Transportfirma das Fahrzeug – es erinnert ein wenig an das exakte Schlichten beim Computerspiel „Tetris“, die einzelnen Ausstellungselemente in unterschiedlichen Formen sind in leuchtendes Blau, Gelb, Grün und Rot verpackt.
Nach dem Ausladen in der Schule beginnt ein Team von zwei KulturvermittlerInnen des Wien Museums mit dem Aufbau der Ausstellung in jenem Raum, der für die Dauer der Projektwoche zur Verfügung gestellt wird. In die Mitte kommt ein Teppich mit einem Stadtplan des heutigen Wien, der die Bezirke, Straßen, Flüsse, Grünflächen und Gebäude zeigt. An jeder Ecke des Teppichs werden Ausstellungselemente aufgebaut und mit Objekten bestückt – Reproduktionen von Gemälden oder Plänen aus der Sammlung des Wien Museum sowie einer Vielzahl von Hands-on Objekten, also Gegenstände zum Angreifen, Ausprobieren oder Riechen.
Die vier Ecken in vier unterschiedlichen Farben beschäftigen sich jeweils mit einem Thema der Stadtgeschichte: Arbeiten (rot), Bewegen (grün), Spielen (blau) und Essen (gelb) – insgesamt geht es um das Zusammenleben in Wien damals und heute. Der Aufbau dauert etwa zwei Stunden, außer eine Klasse hilft mit, dann ist alles rasch bestückt und die Klasse erhält so eine exklusive Preview!
Am nächsten Tag beginnt das Programm für die Schülerinnen und Schüler. Im Vorfeld entscheidet sich jede Klasse für eines der vier Ausstellungsthemen, wobei die ersten beiden Schulstufen entweder das Thema „Essen“ oder „Spielen“ auswählen, da die Stadtgeschichte hier besonders spielerisch und leicht erfassbar vermittelt wird. In drei Stunden während eines Vormittags besucht jede Klasse die Ausstellung, vertieft das gewählte Thema in einem praktischen Workshop im Klassenzimmer und bespricht mit der Vermittlerin/dem Vermittler eine von den Schülerinnen und Schülern selbst gestaltete Ausstellung. Bis zu vier Klassen können an einem Vormittag dieses Programm durchführen.
Wer hat die Stadtmauer woraus gebaut? Wie kamen die Menschen früher von A nach B? Welche Spiele spielten Kinder vor 50 oder 100 Jahren? Und was gab es überhaupt zu essen? Diesen und vielen weiteren Fragen wird auf den Grund gegangen. In den Workshops geht es ans Werkeln: In Holzmodeln wird feuchter Ton zu Ziegelsteinen geformt, eine Zeitschiene mit Fotos unterschiedlicher Fortbewegungsmittel entsteht, Spielbegeisterte üben sich im Pfitschigogerln und altes Küchengerät wird ausprobiert.
Ein Leitfaden hilft den Lehrerinnen und Lehrern beim Gestalten der eigenen Klassenausstellung. Im Laufe der Woche wandelt sich die Schule mehr und mehr selbst zum Museum: Den Abschluss der Projektwoche bildet am Freitag die Vernissage der Ausstellungen der Schülerinnen und Schüler. Dazu eingeladen werden Eltern, Großeltern, Geschwister und Freunde, aber auch Vertreter des Bezirks und der Bildungsdirektion.
Viele spannende, lustige, lehrreiche, experimentelle und kreative Präsentationen sind so bisher entstanden: von „Rettet die Eisbären“ mit selbstgebauten Eisschollen bis zur Vertonung der „Kaufrufe“ der früheren Wanderhändler in Wien. Egal welches Thema, am Ende der Woche sind die Schülerinnen und Schüler selbst „Museumsexperten“ geworden – durch das Kuratieren, Gestalten und Vermitteln der eigenen Ausstellung.
Aufgrund der Renovierungs- und Umbauphase des Wien Museums am Karlsplatz können Schulen zurzeit die Dauerausstellung nicht besuchen. Um den Wiener Volksschulen – jene Schulen, die am häufigsten die Dauerausstellung besuchen – weiterhin die Möglichkeit zu geben, anhand von ausgewählten Sammlungsobjekten die Geschichte der Stadt zu erfahren, wurde das Projekt Wien Museum geht in die Schule ins Leben gerufen. Die Kulturvermittlung des Wien Museum erweitert damit ihre Tätigkeit vom Museum in die Schule und sammelt dabei wertvolle Erfahrungen, die unter anderem in die Entwicklung neuer Vermittlungsprogramme für Schulen, Kinder und Jugendliche für das neue Wien Museum einfließen.
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Kommentare
Danke für das Feedback! Gott sei Dank ist nicht nur im gesamten Kulturbereich mittlerweile viel passiert - und wir bemühen uns immer um neue Formate, damit Museum auch nicht als "Pflicht" empfunden wird.
Das hätte ich mir zu meinen Schulzeiten gewünscht. Kinder waren damals keine "Kunden" für Museen, die wurden höchstens als potentielle Störenfriede betrachtet.
Fein, dass es das heute gibt.