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Angelika Seebacher, 23.12.2021

Ausstellung Jelena Micić

Gar nichts in Ordnung

Ein Archiv gesammelter und neu angeordneter Alltagsgegenstände als Spiegel unserer Konsumgewohnheiten – Jelena Micićs Ausstellung „Alles in Ordnung“ ist noch bis 26. Dezember in der Startgalerie zu sehen. 

Farbig, fröhlich, verspielt – diese Gedanken kommen als erste auf, wenn man Jelena Micićs Rauminstallation „Alles in Ordnung“ betritt. Zu sehen sind drei abstrakte Vitrinen, die die Künstlerin aus unzähligen verschiedenfarbigen Verpackungsmaterialien wie Zuckerl-, Schokoladen- und Käsepapieren oder Plastikdrehverschlussringen von Joghurt-, Mineralwasser- und Fruchtsaftflaschen geschaffen hat. Farblich geordnet bzw. zu winzigen Kügelchen geformt und von Micić auf Nylondraht aneinandergereiht wurden aus den Verpackungsresten Gebilde, die an Regale im Supermarkt oder im Haushalt zur Aufbewahrung erinnern. Allerdings sind diese Regale leer, beinhalten keine Produkte und kein Versprechen auf zukünftigen Konsum. 

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Ausstellung „Alles in Ordnung“ , Foto: Joanna Pianka

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Ausstellung „Alles in Ordnung“ , Foto: Joanna Pianka

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Ausstellung „Alles in Ordnung“ , Foto: Joanna Pianka

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Von der Künstlerin während eines jahrelangen Verbrauchs- und Sortierprozesses akribisch gesammelt, gibt das ausrangierte Verpackungsmaterial einerseits Auskunft über die Konsum- und Essensgewohnheiten der Künstlerin und wird in Form der Installation zum Ausdruck der Konsumlandschaften, die uns Tag für Tag begegnen und auf die wir unterbewusst bereits ziemlich gut konditioniert sind. So können wir etwa die Farben der Papierkügelchen sofort uns bekannten und vertrauten Konsumgüter zuordnen, die neben hygienischen Gründen auch zur visuellen Wiedererkennung in ihre jeweiligen Verpackungen gehüllt werden. 

Anstatt im Abfall zu landen, „leben“ diese Verpackungen durch ihre Verarbeitung zu Kunst weiter – was sie genau genommen auch in der Konsumwelt tun: Micić verweist mit ihrer abstrakten, großformatigen Installation „Alles in Ordnung“ hierbei auf die „Unsterblichkeit“ der Unmengen an Plastik als eine der vielen ruinösen (Neben-) Wirkungen von übermäßigem Konsum, die mitunter zur ökologischen Katastrophe unseres Planeten geführt haben. Gleichzeitig stellt sie auch die Frage, ob durch das Verbot von Einwegplastik tatsächlich der Planet gerettet werden und wer sich das Verbot bzw. ein Leben ohne Plastik eigentlich leisten kann. Indem das ambivalente Material durch seine Erschwinglichkeit den Konsum vorantrieb, wurde es nicht nur zu einer Ausrede für rücksichtsloses menschliches Verhalten, sondern auch Gegenstand materieller Kultur unserer Zeit.

Micić vereint in „Alles in Ordnung“ ihre Faszination für den russischen Konstruktivismus und ihr aktivistisches, politisches Engagement mit besonderem Augenmerk auf soziale und wirtschaftliche Ungleichheiten, die durch heutige Arbeits- und Konsumbedingungen verursacht werden. Durch die Abstraktion der materiellen Bedingungen des alltäglichen Lebens regt sie zu grundlegenden Einsichten an, die Voraussetzung sind, um dringend benötigte Veränderungen anzudenken und entsprechend zu handeln. Der Titel der Arbeit, der auch gleichzeitig der Ausstellungstitel ist, wurde von Micić bewusst provokant gewählt, um das Verhältnis von Allgemeingültigkeit und Ordnung zu hinterfragen. Was verbirgt sich hinter dieser Ordnung? Und wie kann es sein, dass die Ordnung der auf unserer Konsum- und Wegwerfgesellschaft beruhenden Dinge dazu führt, dass gerade nichts ganz in Ordnung ist? Das anfangs so verlockende Fest der Farben gibt bei genauerem Hinsehen den entsprechenden Denkanstoß.

Jelena Micić, geboren 1986 in Knjaževac/Serbien│Akademie der bildenden Künste Wien (Heimo Zobernig)│Diplom November 2020│Universität Belgrad/Serbien (Master Philosophie und Diplomstudium Skandinavische Sprachen und Literatur)│Diplom 2012 und 2010

Die Ausstellung „Alles in Ordnung“ ist noch bis 26. Dezember in der Startgalerie im Wien Museum MUSA zu sehen. 

Angelika Seebacher, Pressearbeit/Kommunikation und Development, Wien Museum; freie Autorin u. a. für Parnass. Studierte Wirtschaft und Kunstgeschichte und arbeitete sieben Jahre im Kunst- und Antiquitätenhandel in Wien und Paris, ehe sie sich auf zeitgenössische Kunst spezialisierte.  

 

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