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Angelika Seebacher, 8.3.2021

Ausstellung Lukas Hochrieder

Filigrane Momente und Zwischenzustände

Die Arbeiten von Lukas Hochrieder bewegen sich zwischen zeichnerischem und skulpturalem Denken. Räumlichkeit, Atmosphäre und das Ephemere sind dabei wesentliche Themen. In der Startgalerie im Wien Museum MUSA ist seit Anfang März eine Einzelausstellung des Künstlers zu sehen.  

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Ausgangspunkt, Denkfläche und Inspiration für neue Arbeiten findet Lukas Hochrieder in Räumlichkeiten, die ihn umgeben, bei Spaziergängen durch den Stadtraum oder am Land. Oft sind es einfache Dinge wie z.B. alte Strohbänder, die zurückgeblieben und ihrer Funktion entledigt sind. Die Zeit hat ihre Spuren hinterlassen, die Farben sind verblasst, das Gewebe zerfällt und wird in die Erde, den Schot­terweg, in ihr Umfeld, gedrückt. Genau dieser Prozess der Transformation fasziniert Hochrieder: „Sie müssen nichts mehr festhalten, ihre Stärke löst sich auf. Sie verschmelzen mit der Umwelt – sie nimmt sie in sich auf.“

Für eine seiner neueren Arbeiten, o.T. (Blaues Band), hat der Künstler ein blaues Strohband in Wachs eingegossen – auch hier interessiert er sich für das im Werden und Vergänglichen Befindliche: „Das Arbeiten mit Wachs gleicht dem einfrierenden Blick des Fotografierens, wenngleich die Ob­jekte mittels Sonnenlicht wieder herausgelöst werden könnten.“  

Das Ausloten von Material, seiner spezifischen Eigenschaften und Verfahrensmöglichkeiten sowie das in-Beziehung-Setzen der Materialien im Raum sind für Hochrieders Arbeitsweise zentral. Er konzentriert sich dabei gerne auf das Wesentliche: „Mein Arbeitsprozess ist oft von einer Reduktion, einem „Weglassen“ geprägt. Das entspricht mir und interessiert mich. Ich habe den Eindruck, dass die Wirkung und Präsenz meiner Arbeiten dadurch gewinnt und ich so verstanden ein ´Mehr im Weniger` erzielen kann.“ Besonders Keramik kommt bei ihm oft zum Einsatz und spiegelt durch das Arbeiten mit unterschiedlichen Materialzuständen von weich, brüchig bis fest Hochrieders Interesse am Fluiden, sich in seiner Form nicht festlegenden wider. So auch in der raumbezogenen „Serie“ Linie, die zuletzt 2020 im Rahmen des Arno Lehmann Preises für Keramik im Traklhaus Salzburg zu sehen war. An den Wänden verlaufende Keramiklinien werden hierbei als visualisierte Zeit verstanden, die man abschreiten kann – begehbare Zeitabschnitte quasi. 

Hochrieder hat über einen längeren Zeitraum mit dem Medium Zeichnung, bevorzugt in Aquarell- und Gouachefarben, gearbeitet. Später hat sich sein Schwerpunkt zwar stärker auf ein installatives und skulpturales Arbeiten verlagert, trotzdem ist Hochrieders Arbeitsprozess nach wie vor sehr von zeichnerischem Denken geprägt. Das Agieren mit Material am Blatt Papier als Bildraum habe sich auf den dreidimensionalen Raum ausgedehnt, erklärt Hochrieder: „Aus diesem Prozess heraus habe ich die Form der Linie in die Keramik übernommen und mich sozusagen direkt in den Raum eingezeichnet. Anfänglich mit ungebrannter Keramik, arbeite ich derzeit mit gebrannter Keramik. Neben diesem raumspezifischen Einzeichnen und dem Übernehmen der Linie als zeichnerisches Mittel geht es mir auch um das Erarbeiten, Reflektieren und Ausloten keramischer Mittel und Möglichkeiten der Keramik als Material.“

Immer wieder greift Hochrieder die Frage nach dem Ephemeren auf, daneben spielt auch die Auseinandersetzung mit dem Begriff der „Atmosphäre“ als räumliches Momentum eine wichtige Rolle. So arbeitet er z.B. immer wieder mit Gewürzen, die neben ihrer farblichen und materiellen Präsenz oft auch Duft mit in den Raum bringen, damit auf unterschiedlichste Weise auf den Raum einwirken und eine spezifische Atmosphäre mitgestalten: „Ein nach Fichtennadeln duftender Raum evoziert andere „Bilder“ als ein Raum, der nach Zimt duftet. Der Begriff interessiert mich daher sowohl auf einer theoretischen wie auch auf einer sinnlichen Ebene. Das Wissen um die Gestaltung von Atmosphären ist ja auch etwas, das z.B. im Verkauf gezielt eingesetzt wird.“

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Eine Art Ausbalancieren zwischen hier und dort, vorher und jetzt zieht sich wie ein roter Faden durch Hochrieders Werk – und findet sich auch im Titel seiner Ausstellung in der Startgalerie wieder. Diese musste aufgrund von Corona um fast ein Jahr verschoben werden. Interessanterweise passe der Titel, obwohl er bereits im Winter 2019 feststand, ganz gut in die aktuelle, durch Corona geprägte Zeit, findet Hochrieder, da er auf raum-zeitliche, „filigrane“ Momente bzw. Zwischenzustände verweise. „Filigrane Momente könnten auch so gedacht werden, dass sie etwas Transformatives, etwas Zerbrechliches, und damit ein davor und danach, sichtbar in sich tragen“, so Hochrieder. „In der aktuellen Zeit wird vielleicht gerade diese Filigranität des Lebens stärker sichtbar, wenngleich das Leben im Großen wie im Kleinen immer von „filigranen Momenten“ geprägt ist.“

Lukas Hochrieder, geboren 1983 in Wien / 2009-2016 Studium an der Akademie der bildenden Künste in Wien und Ecole nationale supérieure des beaux arts in Paris /
2005-2011 Studium der Theater-, Film- und Medienwissenschaft in Wien.

Die Ausstellung zwischen hier und dort, vorher und jetzt  läuft von 4. März 2021 bis 31. März 2021 in der Startgalerie im Wien Museum MUSA

Angelika Seebacher, Pressearbeit/Kommunikation und Development, Wien Museum; freie Autorin u. a. für Parnass. Studierte Wirtschaft und Kunstgeschichte und arbeitete sieben Jahre im Kunst- und Antiquitätenhandel in Wien und Paris, ehe sie sich auf zeitgenössische Kunst spezialisierte.  

 

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