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Heribert Fruhauf und Peter Stuiber, 29.8.2022

Baustellen-Update August 2022

Von Riesenschritten und kleinen Hämmern

Es ist schon wieder was passiert: Nicht nur der Walfisch wurde ins neue Wien Museum gebracht, auch sonst ging viel weiter bei Wiens größter Kulturbaustelle.  Wien Museum NEU-Projektleiter Heribert Fruhauf über den aktuellen Stand der Dinge, kalte Tage im Waldviertel und Fenster, die die Hitze abhalten.

Peter Stuiber

Das Schwebegeschoss wirkt nach außen hin schon fertig. Was hat es mit der Betonverkleidung auf sich? Wie kommt dieses „Muster“ zustande? Welche Arbeiten in diesem Bereich stehen grad an?

Heribert Fruhauf

Sichtbeton spielt im gesamten Haus und in den architektonischen Überlegungen der Architekten eine wesentliche Rolle. Dies „gipfelt“ quasi in der Betonfassade des Schwebegeschosses. Idee war, dass auf der Fassade des 4. Obergeschoßes feine Bleistrichlinien zu sehen sind, die im wechselnden Tageslicht unterschiedliche Strukturen ergeben. Dies wurde erreicht, indem die Schalungsbretter im Stoß schräg zugeschnitten wurden – damit ergab sich ein Keil, in den der Beton hineinfließen konnte. Um die Strukturierung noch sichtbarer zu machen, wurden die Keile dann alle noch händisch mit einem kleinen Hammer abgeschlagen. Wenn man die Fassade zu unterschiedlichen Tageszeiten beobachtet, kann man erkennen, wie gut diese Idee in die Praxis umgesetzt werden konnte. Hinter der bzw. über der Betonfassade gibt es aber noch einiges zu tun. Am wichtigsten dabei ist, dass derzeit die Abdichtungen am Dach finalisiert werden. Dann ist das Haus endlich komplett dicht.

PS

Mit den Fassadenplatten erhält das Museum ein neues Kleid. Wie kam es zur Auswahl des Steins und um welche Art von Stein handelt es sich?

HF

Die Auswahl der Steine war eigentlich ein jahrelanger Prozess. Ich glaube, es war 2019, als wir die erste Musterfassade vors Museum gestellt haben. In Zusammenarbeit mit dem Bundesdenkmalamt und externen Steinrestauratoren wurden immer wieder neue Steine auf die Musterfassade montiert, um einerseits das optische Erscheinungsbild, andererseits die bauphysikalischen Eigenschaften zu beurteilen. Mit den ausgewählten Steinen sind wir wieder sehr nah an den Ursprungszustand herangerückt. Wesentlich näher jedenfalls, als bei den Fassadenplatten, die zuletzt oben waren und die in 80ern montiert wurden. Insgesamt werden vier verschieden Steine verbaut. Der Hauptstein ist ein heller Dolit aus Kroatien, ein reiner Kalkstein mit Muscheleinschlüssen. Falls möglich, wurde auch der originale Steinbruch aufgesucht, wie beim Wachauer Marmor. Wir waren sowohl im Waldviertel bei Eis und Schnee als auch in Kroatien bei knapp 40 Grad, um uns vor Ort von der Qualität der Steine zu überzeugen.

PS

Eine Zeitlang wirkte der Altbau sehr „gespenstisch“, weil keine Fenster drinnen waren. Jetzt sind alle rundherum eingebaut, allerdings nicht die alten. Was hat es mit den neuen Fenstern auf sich?

HF

Insbesondere zu Beginn der Abbrucharbeiten wirkte das Haus eher wie eine Ruine. Das mittlerweile vom Karlsplatz sehr gut wahrnehme Erscheinungsbild des Museums zeigt aber schon wieder ein gänzlich anderes Bild. Zu der Frage der Fenster: Diese wären wie viele alte Elemente aus bauphysikalischen Gründen nicht mehr zu erhalten. Sie haben einfach nicht mehr die Vorgaben an ein zeitgemäßes Gebäude erfüllt. Wir haben die Optik dem Original aber fast wieder eins zu eins nahegebracht. In Abstimmung mit dem Bundesdenkmalamt und Fachrestaurator:innen wurden die alten Fenster so gut wie möglich nachgebaut. Das eigentlich besondere an den Fenstern ist das verbaute Glas. Alle Glasflächen im neuen Museum zwischen innen und außen sind mit einem sogenannten SAGE Glas ausgestattet. Das ist eine elektrochromatische Verglasung, die automatisch abdunkelt und so einen hohen Anteil von Licht und Wärme erst gar nicht ins Museum kommen lässt. Die Klimavorgaben, insbesondere Temperatur und Luftfeuchtigkeit, sind ja bei einem Museum enorm streng – dieses Glas trägt einen wesentlichen Teil dazu bei, um die Anforderungen zu erfüllen.

PS

Die Einbringung des Walfisches war eine spektakuläre Sommeraktion. Aber es passiert ja auch viel im Hintergrund, etwa bei der Gebäudetechnik. Welche Etappen sind hier gerade zu erledigen?

HF

Der Wal war schon eine ziemlich coole Aktion – leider war ich in der Woche, in der er eingebracht wurde, gerade in Quarantäne, aber ich denke die Bilder sprechen hier für sich. Er hängt jetzt schon im Museum und wartet auf die ersten Gäste.

HF

Wie zuvor schon erwähnt, werden an die Gebäudetechnik höchste Anforderungen gestellt. Das ist mit einem Wohn- oder Bürogebäude nicht zu vergleichen. Die Gebäudetechnik muss die klimatechnischen Vorgaben erfüllen. Viele Etappen sind hier schon erledigt. Die meisten Haustechnikzentralen sind mittlerweile voll ausgestattet – wir kühlen und heizen das neue Haus ja mit Geothermie. Wir haben aufgrund der Kombination Alt und Neu ein sehr hybrides System, was die Haustechnik betrifft. Deswegen würde die Antwort auf die Frage, welche Etappen derzeit anstehen, wohl den Rahmen sprengen. Zusammengefasst geht es aber auch hier immer mehr vom Grobe ins Feine – sprich von den großen Haustechnikgeräten zu den in den Räumen dann sichtbaren Elementen wie der Kühldecke in den Dauerausstellungsgeschossen.

PS

Auch der Pavillon als neuer Eingangsbereich steht schon. Wie lange wird es den Bauzaun noch geben?

HF

Beim Pavillon fehlt zwar noch einiges, aber er ist in seinen Dimensionen mittlerweile sehr gut wahrnehmbar. Funktional wird er uns viele Möglichkeiten bieten, weil er natürlich der Raum zum Ankommen ist, gleichzeitig aber auch ein wenig freigespielt von einer fixen Nutzung und somit sehr flexibel genutzt werden kann. Der Bauzaun wird wahrscheinlich bis zur Übergabe des Gebäudes im März 2023 stehen.

PS

Welche Aufgaben warten noch, bis der Bau dem Wien Museum übergeben wird?

HF

Die Natursteinfassade wird derzeit fertiggestellt. Die Nord- und Westseite sind bereits fast fertig – die Süd- und Ostseite folgen in den nächsten Monaten. Im Kontext der Fassade möchte ich erwähnen, dass mittlerweile auch die Brücken zur Zürich Versicherung abgebrochen wurden. Das war ein für das Projekt essentieller Schritt, der seit dem Architekturwettbewerb im Jahr 2015 verfolgt wurde. Dass es der Stadt Wien letztlich gelungen ist, dieses Ziel gemeinsam mit der Zürich Versicherung umzusetzen, ist sehr erfreulich. Ein Highlight wird auch die Fertigstellung der rundumlaufenden Glasfassade im neuen Fugengeschoß. Die Unterkonstruktion dafür ist seit dieser Woche in Entstehung. Das Fugengeschoß wird spektakulär! Man selbst wird über die Jahre ja schon etwas betriebsblind. Wie toll es wird, merkt man dann erst wieder, wenn man Leute das erste Mal über die Baustelle führt und die Augen eben besonders im Fugengeschoss immer größer werden. Im Gebäude selbst geht es immer mehr an den Innenausbau. Erste Oberflächen, insbesondere Böden sind bereits hergestellt – es folgen Zug um Zug die finalen Wand- und Deckenoberflächen.

Heribert Fruhauf, Studium der Raumplanung und Raumordnung an der TU Wien, langjähriger Projektmanager und Projektleiter für Immobilienprojektentwicklung bei der WSE Wiener Standortentwicklung GmbH und Geschäftsführer der MG immo GmbH, seit August 2019 Abteilungsleiter Interne Services im Wien Museum und Projektleiter Wien Museum Neu.

Peter Stuiber studierte Geschichte und Germanistik, leitet die Abteilung Publikationen und Digitales Museum im Wien Museum und ist redaktionsverantwortlich für das Wien Museum Magazin.

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Kommentare

Redaktion

Sehr geehrte Frau Dittelbach, vielen Dank für Ihr tolles Feedback - wir freuen uns, dass Sie dem Projekt mit soviel Interesse und Enthusiasmus begegnen! Herzlichen Dank und beste Grüße, Peter Stuiber (Wien Museum Magazin)

Erna Dittelbach

einen großen dank an alle hier beteiligten. es ist sehr spannend und auch befriedigend, immer wieder die fortschritte beschrieben bekommen. ich werde hier quasi als miteigentümerin angesprochen, was ja meiner realität als wienerin entspricht - das macht ein sehr gutes gefühl. ich wünsche alles gute für die weiteren arbeiten und freue mich auf das eröffnungsfest, erna dittelbach