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Die ersten Wiener Ansichtskarten
Gruß aus Wien
Im Jahr 1883 druckte die Wiener Briefmarkenhandlung Friedl & Baum erstmals am Rand der Mitteilungsseite (damals noch getrennt von der Adressseite) jeweils eine Wiener Ansicht auf, ergänzt mit der Standardformel „Gruß aus Wien“. Die kleine Serie umfasste zehn Motive, darunter das Neue Rathaus, die Rotunde im Prater, den Stephansdom oder die Elisabethbrücke mit Karlskirche.
Ab dem darauffolgenden Jahr brachte auch der deutsche Verlag Franz Scheiner aus Würzburg einige wenige Wiener Motive heraus, die in charakteristischer Weise mit dekorativen Seitenbildern versehen waren.
Die weitere Entwicklung bis zur ab etwa 1897 einsetzenden Boomphase der Ansichtskarte war jedoch nicht kontinuierlich. Erst um 1890 erschienen wieder mehr Wien-Ansichten auf Postkarten, und auch die Zahl der Hersteller nahm deutlich zu.
Ab 1889 brachte der Wiener Verlag Karlmann & Franke (ab 1895 Richard Karlmann) hierzulande die ersten farbigen Ansichtskarten in Chromolithografie auf den Markt, wenig später auch die ersten Fotokarten in Lichtdruck – beide als Mehrbildkarte.
Im Jahr 1891 wurde mit dem Verlag Lesk & Schwidernoch der erste Wiener Ansichtskarten-Verlag gegründet, der bis ins 20. Jahrhundert hinein tätig war. Mit seinen typischen Mehrbild-Ansichten, oft im aufwändigen farblithografischen Verfahren ausgeführt, war er in Wien auch der führende Verlag bis 1897 mit zahlreichen Wien-Darstellungen und vor allem aus dem Gebiet der k. u. k. Monarchie.
Daneben waren – meist anlassbezogen – auch kleinere Serien erhältlich: So gab es im Zusammenhang mit der Internationalen Musik- und Theater-Ausstellung im Prater 1892 beispielsweise sechs verschiedene Motive eines nicht bezeichneten Produzenten, die damit ebenfalls zu den frühesten Wiener Ansichtskarten gehören.
1893 begann die Wiener lithografische Druckanstalt Haufler, Schmutterer & Co. mit der Produktion von Veduten von Ausflugszielen in Wien und Umgebung, wie z. B. dem Prater und der Kahlenbergbahn.
Bald kamen noch weitere lithografische Verlage hinzu: Schneider & Lux aus Wien, Louis Glaser aus Leipzig (vertreten durch Karlmann & Franke in Wien) oder Henri Schlumpf aus Winterthur/Schweiz.
Im Jahr 1895 brachte der Verlag des k. u. k. Hof-Fotografen Fritz Luckhardt eine Serie mit dem Titel Venedig in Wien heraus, mit aufgeklebten Original-Fotoabzügen aus Anlass der damals eröffneten Erlebniswelt im Prater. Weitere deutsche Verlage wie Stengel & Co., Römmler & Jonas oder Edgar Schmidt (alle aus Dresden) nahmen ab 1896 eine Reihe fotografischer Wien-Ansichten in ihr Programm auf.
In dieser Phase wurde noch häufig auf vorhandenes Bildmaterial zurückgegriffen, selbst wenn jenes schon älter war. Man verwendete dabei auch fotografische Aufnahmen, die bereits in traditionellem Cabinet-Format auf Karton erschienen waren. Bei den damals vorherrschenden touristischen Motiven war ja die Langlebigkeit genauso gegeben wie in späteren Phasen dieses Mediums.
Ab Mitte 1897 kam es dann zu einem grundlegenden Wandel. Die Verlage gingen dazu über, vermehrt fotografische Aufnahmen von Straßen, Gassen und Plätzen nicht nur der Innenstadt und touristischer Motive, sondern aller Wiener Bezirke und Stadtviertel sowie aktueller Ereignisse in ihr Programm aufzunehmen. Es begann das „goldene Zeitalter“ der Ansichtskarte, mit einer bis dahin nicht da gewesenen Vielfalt an Ansichten und Motiven, das bis zum Ersten Weltkrieg und im Grunde bis in die 1950er Jahre andauern sollte.
Die Ausstellung Großstadt im Kleinformat. Die Wiener Ansichtskarte ist bis 24. September im Wien Museum MUSA zu sehen.
Begleitend zur Ausstellung erscheinen wöchentlich Beiträge zum Thema „Wiener Ansichtskarten“. Bisher in der Serie erschienen:
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