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Thomas Keplinger, 14.12.2023

Die Sprungschanze am Cobenzl

Eine kleine Reise durch die Luft

Kulm, Bischofshofen und Innsbruck sind heute die klingenden Namen des Skisprungsports. Ende der 1920er Jahre hätte man den Cobenzl genannt, denn dort befand sich damals die größte Sprungschanze Österreichs. Eine Spurensuche in historischen Medienberichten – und vor Ort.

Der Cobenzl ist heutzutage nicht unbedingt als Zentrum des Wiener Wintersports bekannt. 1911 hingegen entstand hier nach den Plänen des Gartenarchitekten Viktor Göbel eine etwa 600, nach anderen Quellen sogar 700 bis 1.000 Meter lange sonnen- und windgeschützte Rodelbahn, die aus den Wäldern des Latisbergs bis hinab zu den Wiesen unterhalb des Schlosses führte.

Göbels Planungen sahen vor, mehrere unbewaldete Freiflächen in der Umgebung als (Übungs-)Skipisten auszubauen und eine kleine Sprungschanze zwischen Cobenzl und Himmel zu errichten. Die Teiche knapp 200 Meter unterhalb des Schlosses, die wohl schon Philipp Graf von Cobenzl im 18. Jahrhundert anlegen ließ, sollten im Sommer als Familienbad, im Winter als Eislaufplätze dienen. Sogar ein eigener Verein gründete sich, der „Sportklub Kobenzl“. Während das Skifahren und Rodeln sich größter Beliebtheit erfreute, blieb die Sprungschanze im Planungsstadium stecken. Auch nach dem Ersten Weltkrieg waren die notwendigen Grundstücke zwar gesichert und alle Bewilligungen zum Bau erteilt worden, doch die Kosten von 8.000 Kronen waren dem Sportklub zu hoch.

Eine Schanze mitten im Wald

Erst im Herbst 1927 schmiedete der Wiener Arbeiter Turn- und Sportvereins (WAT) konkrete Pläne, eine Schanze zu bauen und beabsichtigte, das Vorhaben 1928 mit Hilfe arbeitsloser Vereinsmitglieder umzusetzen. „Das kleine Blatt“ vermeldete Ende Februar 1928 den bevorstehenden Beginn der Baumfällungen für die Errichtung der Schanze. Der Bau erfolgte nicht am ursprünglich vorgesehenen waldfreien Platz zwischen Cobenzl und Himmel, wie er in Viktor Göbels Plan ersichtlich ist, sondern inmitten des Buchenwaldes an der Nordostflanke des Latisbergs. Ab September 1928 betätigten sich arbeitslose Mitglieder des WAT bei den Bauarbeiten – Mitte November bekamen sie jeden Sonntag Unterstützung durch 600 Wehrturner mit Musikbegleitung. Bis zur Fertigstellung der Schanze Anfang Jänner 1929 leisteten die Arbeitskräfte mehr als 10.000 freiwillige Arbeitsstunden. Um im Wald Platz für die Schanze zu schaffen, entfernten die Mitglieder des WAT und die Wehrturner bis zu zehn Tonnen Bäume und acht Tonnen Wurzelstöcke. Für diese Arbeiten und zur Herstellung des Erdunterbaus kamen sechseinhalb Kilogramm Dynamit zur Verwendung. Die Arbeiter-Zeitung gab Einblick in die technischen Daten des Bauwerks: „Zum Anlauf stehen ungefähr achtzig Meter zur Verfügung, die ein Gefälle von 20 Grad aufweisen. Der Aufsprung wird sich in einem Winkel von ungefähr 35 Grad vollziehen. Der Auslauf führt, vom Sprungtisch aus gerechnet, über eine Strecke von etwa 120 Meter mit einer Gegensteigung von 26 Grad. Man rechnet mit Sprüngen von dreißig bis vierzig Meter. Falls sich die Anlage im kommenden Winter bewährt, wird sie einem weiteren Ausbau unterzogen werden.“

Etwas detaillierter schildert die Zeitschrift „Volkssport“ des Askö die technischen Daten der Schanze. Der 80 Meter lange Anlauf mit einem Gefälle bis zu 27 Grad mündete in den eineinhalb Meter hohen Schanzentisch. Die Aufsprungbahn, auf der die Skispringer landeten, war zwischen 28 und 38 Grad geneigt, während der Auslauf eine Steigung von 28 Grad aufwies. Gemäß der Beschreibung im „Volkssport“ waren die Aufsprungbahn 60 und der Auslauf 70 Meter lang, womit die Gesamtlänge der Schanze abhängig von der Quelle 200 bis 210 Meter betrug. Unter den gespannten Blicken von 1.000 Zuseher:innen absolvierten am 6. Jänner 1929 die Mitglieder des WAT erfolgreiche Probesprünge mit Weiten zwischen 28 und 34 Metern. Tags darauf landete ein Mitglied des WAT schon bei der 40-Meter-Marke.

Am Sonntag, dem 13. Jänner 1929, fanden im Wald hinter dem Schlosshotel vor etwa 3.000 Besucher:innen die offiziellen Feierlichkeiten statt – um 14 Uhr begann das Eröffnungsspringen. 

Schon eine Woche später war die Schanze Austragungsort der Wiener Meisterschaft im Skispringen. Sofern es die Schneeverhältnisse ermöglichten, folgten jeden weiteren Sonntag, manchmal auch samstags und an Feiertagen, weitere Springbewerbe. Wie neu und verblüffend dieser Sport auf die Menschen wirkte, zeigt der folgende Bericht eines Sportreporters: „Ihr steht unten, und auf einmal seht ihr hoch oben von der Schanze etwas Schwarzes im Schnee auf euch zukommen. Es wird immer größer und entpuppt sich schließlich als Mensch. Jetzt ist er am Sprunghügel, löst sich im Schwung vom Schnee los und fliegt. 30, 40 Meter, oft weiter, um dann wieder unten auf dem Schnee zu landen. Manchmal gibt’s einen Sturz, dann war der Sprung zu groß und der Springer behielt beim Aufspringen auf den Boden nicht sein Gleichgewicht. Die Geübten aber landen so selbstverständlich, daß man es ihnen gar nicht glauben würde, eine kleine Reise durch die Luft hinter sich zu haben, wäre man nicht dabei gewesen.“

Untrennbar mit der Geschichte dieser Schanze verbunden ist der Name Hannes Schroll. Der aus Wörgl stammende Athlet setzte am 10. März 1929 vor 4.000 Zuseher:innen einen Sprung über 45 Meter in den Schnee und hielt damit zumindest bis Jänner 1933, möglicherweise sogar bis Jänner 1934 den Schanzenrekord.

Schneetransport per Fuhrwerk

Nach Saisonende fanden Erneuerungs- und Erweiterungsbauten statt. So errichteten die Mitglieder des WAT während des Jahres 1929 einen sechs Meter hohen Turm für die Schiedsrichter und stellten einen Fahnenmast auf. Doch der Schnee ließ 1930 auf sich warten. Am 22. Jänner meldete die Arbeiterzeitung, dass der WAT sein Springen zur Eröffnung der Saison auf der verbesserten Schanze wegen Schneemangels schon dreimal hatte verschieben müssen. Tatsächlich wurde die Veranstaltung letztendlich auf der Liechtensteinschanze am Semmering ausgetragen. Erst am 16. Februar gelang es, dank der Hartnäckigkeit der WAT-Mitglieder ein Springen am Cobenzl zu veranstalten. Zwei Tage lang hatten sie mit Fuhrwerken Schnee zur Schanze transportiert, um sie endlich auch in diesem Jahr in Betrieb zu nehmen. Teilnehmer aus Bischofshofen, Mürzzuschlag, vom Semmering und aus Wien ritterten um den Sieg. Unter den Bischofshofener Skispringern befand sich auch der damalige Askö-Meister Hans Wagner.

Am Cobenzl fanden in der Folge viele internationale Skispringen statt, etwa am 15. Februar 1931, als vor den Augen von 15.000 bis 20.000 Zuseher:innen Teilnehmer aus Ungarn, Deutschland, der Tschechoslowakei und Österreich gegeneinander antraten. Für das spektakuläre Ende dieses Sprungbewerbs sorgten die Österreicher Josef Gumpold, Andreas Krallinger und einer der Brüder Ernst oder Franz Feutl mit einer heute nicht mehr denkbaren Flugshow: „Zum Schluss der prächtigen Veranstaltung ein besonderer Leckerbissen: ein Dreisprung, ausgeführt von [Josef] Gumpold, [Ernst oder Franz] Feutl und [Andreas] Krallinger. Für den Augenblick stockt der Atem, wie die drei prächtigen Burschen miteinander über den Schanzentisch fliegen. Dann aber löst sich die Spannung in einem Beifallsorkan […].“

Auch das Schlussspringen der Saison am 15. März 1931, das bei +15 Grad stattfand, erfreute sich internationaler Beteiligung. Zu Beginn gab es einen Doppelsprung der Brüder Ernst und Franz Feutl zu sehen. Das anschließende Springen gewann der deutsche Athlet Kurt Körner, der zweite Platz ging an den aus Bad Gastein stammenden Josef Gumpold. Nach dem Wettbewerb folgte zum Abschluss wieder etwas Nervenkitzel in Form eines Dreisprungs durch Josef Gumpold, Ernst Feutl und Josef Handl. In der darauffolgenden Saison änderte sich am Durchführungsmodus nichts, sodass sich beispielsweise am 28. Februar 1932 ein deutscher Sportler namens Sattler mit Weiten von 35, 36 und 37 Metern und der Note 19,000 den Sieg sicherte. In diesen frühen Tagen des Skisprungsports musste jeder Teilnehmer drei Sprünge absolvieren, um in die Wertung zu kommen.

Die größte Sprungschanze Österreichs

Bis 1933 erfolgte der Ausbau der Tribünen, die nun Platz für 10.000 Zuseher*innen boten. Die Zeitung „Der Abend“ informierte ihre Leserschaft über die Neuerungen: „An der Schanze selbst wurden beim sommerlichen Umbau keine Änderungen vorgenommen, um so erfreuter werden die Zuschauer sein, daß für ihre Bequemlichkeit gesorgt worden ist. Bisher war es keine leichte Sache, den Springern zuzusehen, mußten doch die Zuschauer auf den steilen, rutschigen Abhängen des Schanzengrabens stehen. Die Arbeiterturner haben heuer Terrassen und Treppen angelegt, so daß diese große Unbequemlichkeit fortan in Wegfall kommt.“

Der Komfort schlug sich im Eintrittspreis nieder, die kostenlosen Zeiten waren damit vorüber. Ab dem ersten Springen der Saison, das infolge Schneemangels erst am 15. Jänner 1933 stattfand, betrug der Eintrittspreis für Erwachsene 60 Groschen – Kinder und Arbeitslose bezahlten die Hälfte. Trotz „grimmiger Kälte und eisigem Wind“ besuchten 6.000 Menschen die Veranstaltung, an der Athleten aus Wien und den Bundesländern teilnahmen. Dank des Umbaus kamen die Menschen in den Genuss einer weiteren Neuerung: die Unterhaltung des Publikums mit Schallplattenmusik in den Pausen. Zu diesem Zweck wurde eine Lautsprecheranlage montiert, über die während des Wettkampfs die Sprungergebnisse durchgesagt wurden.

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Bis zum Springen vom 26. Februar 1933 erhöhte sich der Eintrittspreis auf 80 Groschen, Arbeitslose zahlten wieder die Hälfte. Zu sehen gab es an jenem Tag ein internationales Springen mit Teilnehmern aus der Tschechoslowakei, Deutschland und Österreich. 6.000 Menschen sahen auf dem weichen pappigen Schnee zahlreiche Stürze, die aber ohne schwerere Verletzungen abliefen. Den ersten Platz errang der aus Deutschland stammende Springer Walter Kunz mit Weiten von 34, 35 und 36 Metern. Für den außer Konkurrenz ablaufenden Showteil der Veranstaltung sorgten nicht weniger als vier Doppelsprünge und ein Dreisprung von Ferdinand Ziegler, Walter Reinhardt und einem der beiden Feutl-Brüder.

Im Laufe des Jahres führten Mitglieder des Vereins „Jugend in Arbeit“ im Rahmen des Freiwilligen Arbeitsdienstes in Zusammenarbeit mit dem WAT weitere Ausbauarbeiten an der Schanze durch. In massiver Holzbauweise errichteten sie den Turm, von dem der Anlauf in die Tiefe führte, den Schanzentisch und einen großen Teil der Aufsprungfläche. 150 Piloten wurden bis zu zwei Meter tief in den Steilhang gerammt. Ein prominenter freiwilliger Helfer war der Obmann des WAT, Vorsitzende des Bundesrats und spätere Bürgermeister von Wien, Theodor Körner. Die Neueröffnung der Schanze erfolgte zum Neujahrstag 1934 und erlaubte Sprünge bis zu 65 Metern Weite. Die Gesamtlänge der Anlage betrug nun 240 Meter – der Höhenunterschied zwischen Start und Schanzentisch belief sich auf 50 Meter und zwischen Schanzentisch und Auslauf auf 80 Meter. Der Anlauf war gegenüber der Urschanze um sechs Meter verlängert worden. Spätestens jetzt galt sie als die größte Sprungschanze Österreichs, die Rathauskorrespondenz sprach sogar von einer der größten Sprungschanzen Europas.

Das erste internationale Springen nach Vollendung der Arbeiten ging am 7. Jänner 1934 über die Bühne. Um die Besucher:innen zur Veranstaltung zu bringen, wurde neben den normalen Straßenbahn- und Buslinien ein eigener Autobusverkehr vom Schottenring zum Cobenzl eingerichtet. Die Eintrittspreise hatten sich mittlerweile auf den Normalpreis von einem Schilling und 50 Groschen für Arbeitslose emporgeschraubt. Um 13:30 Uhr eröffnete der oberste Rennleiter und Sprungrichter Hans Rehbeck den Wettbewerb mit internationaler Beteiligung in Gestalt des Norwegers Randmod Sörensen.

„Norweger Sörensen um Klassen besser“

Zum großen Teilnehmerfeld aus Österreich zählte etwa Gregor Höll aus Lungötz, der am 11. Februar 1933 auf der Bergiselschanze den damals gültigen österreichischen Rekord von 72,5 Metern aufgestellt hatte. Weitere Teilnehmer waren beispielsweise Rudolf Hrabie, von dem man Weiten zwischen 60 und 70 Metern erwartete, Harald Bosio, der 1932 an den Olympischen Spielen in Lake Placid teilnahm und 1933 bei den Nordischen Skiweltmeisterschaften in Innsbruck die Bronze-Medaille in der Nordischen Kombination gewonnen hatte, sowie der aus Mayrhofen stammende Franz Aschenwald, möglicherweise ein Urahn des heutigen Skispringers Philipp Aschenwald. Bis zu 15.000 Menschen wurden Zeugen eines neuen Schanzenrekords: 57 Meter erzielte der Salzburger Springer Eduard Galeitner. Ein Sportreporter verfasste begeistert die folgenden Zeilen: „Man sah von Gumpold, Galeitner, Dellekrarth [richtig: Walter Delle Karth sen.] und Höll prachtvolle Sprünge, und doch ist der Norweger Sörensen um Klassen in der Haltung besser. Hier sind Grazie, Können, Haltung und Wucht zu einem harmonischen Ganzen vereinigt, das als hochklassiger ästhetischer Genuß jedermann entzücken muß und auch jedermann, selbst den größten Laien unter den Zuschauern, zu heller Begeisterung mitriß.“

Hoher Besuch mit vielen Ehrengästen stellte sich am 14. Jänner ein, als Bürgermeister Karl Seitz die neue Schanze visitierte. Begleitet wurde er von mehreren Stadträten, unter anderem Robert Danneberg, Karl Honay, Anton Weber und Leopold Kunschak sowie dem Präsidenten des Wiener Stadtschulrats Otto Glöckel. Zur illustren Schar Wiener Gemeindepolitiker gesellten sich die Nationalrät:innen Arnold Eisler, Gabriele Proft und Paul Richter sowie der damalige Vorsitzende des Bundesrats Theodor Körner, um dem Schauspringen beizuwohnen. Aufgrund „langsamen Schnees“ sahen sie allerdings nur Sprünge bis zu maximal 45 Metern Weite.

Der letzte Sprungwettbewerb am Cobenzl fand am 3. und 4. Februar 1934 statt, als die Wiener Meisterschaften ausgetragen wurden, an denen 103 Sportler aus dem In- und Ausland teilnahmen. Aus der ehemaligen Tschechoslowakei waren zwei Skispringer namens Petrasek und Görisch am Start. Die Gewinnerweite von 54 Metern erreichte Ferdinand Ziegler aus Bad Gastein. Weiter sprang nur sein Konkurrent Walter Reinhardt aus Bischofshofen mit 57,5 Metern, stürzte aber bei der Landung.

Ende und kein Neubeginn

Einige Tage später begann der mit den politischen Ereignissen verbundene Niedergang der Sprungschanze. Infolge der Februarkämpfe verbot das Dollfuß-Regime die Sozialdemokratische Partei und alle ihre Organisationen, zu denen auch der WAT zählte. Die Geschichte der Schanze endete also inmitten ihres Höhenflugs. Um die Betreuung der Sportanlage kümmerten sich nun andere:  „Um die Einrichtungsgegenstände und Geräte der aufgelösten Turnvereine vor Verschleppungen zu bewahren, wurde die Leitung der christlich-deutschen Turnerschaft mit der Verwaltung des Vermögens und der Einrichtungsgegenstände der Arbeiter-Turnvereine, zu denen auch die große Ski-Sprungschanze auf dem Kobenzl gehört, betraut.“

Im August 1935 beschlagnahmte die Polizei das Vermögen des Vereins und damit auch die Sprungschanze. Zwei Monate später präsentierte Bürgermeister Richard Schmitz seine Pläne bezüglich des Cobenzls. Die Schanze sollte vor dem endgültigen Verfall bewahrt und zu einem späteren Zeitpunkt einer grundlegenden Neugestaltung unterzogen werden. Dem Österreichischen Wintersportklub übertrug er die Verantwortung über die Instandhaltung. Schmitzs Planungen, die anstelle der hölzernen Tribünen ein betoniertes „Wintersportstadion“ vorsahen, kamen aber nicht mehr zur Ausführung. Möglicherweise ist die Einhausung des Nesselbachs im Bereich des Auslaufs der Schanze ein Bauwerk, das auf Grundlage dieser Planungen errichtet wurde, denn in seinem Inneren trägt es die Markierung „B 1935“, die eventuell auf das Baujahr hindeutet.

Die Schanze verfällt

Im Mai 1936 schwemmten schwere Regenfälle große Teile der Holzbauten zur Höhenstraße hinab, noch aber bestand die Hoffnung, der Österreichische Skiverband könnte die Schanze retten. Doch die Vollversammlung des Landesskiverbands für Wien und Niederösterreich im Oktober 1936 verlief ergebnislos, der Verfall schritt fort. Auch nach dem „Anschluss“ an das Deutsche Reich änderte sich nichts. Die Nationalsozialisten führten weder an der Schanze am Cobenzl noch an jener in Hadersdorf-Weidlingau, die ebenfalls der WAT erbaut hatte, größere Erhaltungsarbeiten durch, wie die Österreichische Volksstimme im August 1945 beklagte: „Die Nazi machten Pläne über Pläne, einer größer als der andere, aber nichts geschah. Während man von der Cobenzlschanze das letzte Holz abtrug, wurde mit großem Geschrei von der Renovierung der Weidlingauer Schanze gesprochen. Zwei Fahnenmaste stellten die Maulhelden auf, an der Schanze selbst wurde nichts gemacht.“

Nach dem Zweiten Weltkrieg renovierte der WAT die Schanze in Hadersdorf-Weidlingau. Auch für den Cobenzl gab es Bestrebungen, diese beliebte Wintersportanlage zu reaktivieren. 1948 beteiligte sich der Architekt Adolf Hoch am Olympischen Wettbewerb für Architektur in London mit einem Entwurf für die neue Cobenzl-Schanze. Dieser sah vor, anstelle der mittlerweile verfallenen Holzbauten eine Neuanlage nach internationalen Standards zu errichten. Trotz Auszeichnung mit der Goldmedaille blieb das Projekt unverwirklicht.

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Dieses und die nachfolgenden Bilder zeigen den preisgekrönten Entwurf von Adolf Hoch zur Neuerrichtung der Sprungschanze am Cobenzl, „Der Aufbau“, Oktober 1948, S. 244–248, ANNO/ÖNB

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Adolf Hochs Entwurf zur Neuerrichtung der Sprungschanze am Cobenzl, „Der Aufbau“, Oktober 1948, S. 244–248, ANNO/ÖNB

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Adolf Hochs Entwurf zur Neuerrichtung der Sprungschanze am Cobenzl, „Der Aufbau“, Oktober 1948, S. 244–248, ANNO/ÖNB

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Adolf Hochs Entwurf zur Neuerrichtung der Sprungschanze am Cobenzl, „Der Aufbau“, Oktober 1948, S. 244–248, ANNO/ÖNB

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Noch heute lassen sich im Buchenwald des Latisbergs die Abdrücke der einstmals größten Schanze Österreichs entdecken.

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Der Text beruht zum überwiegenden Teil auf Zeitungen und Zeitschriften der ANNO-Datenbank sowie der Zeitschrift „Volkssport“ des Askö.

Thomas Keplinger hat Geschichte an der Universität Wien studiert. Er betreibt das detailhistorische Forschungs- und Dokumentationsprojekt „Worte im Dunkel“. Darin widmet er sich in Form eines Blogs Beschriftungen, Graffiti, Schildern, Aushängen, Zeichnungen und Symbolen des Zeitraums zwischen 1932 und 1955, die noch heute dort anzutreffen sind, wo sie einst angebracht oder aufgehängt wurden.

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Kommentare

Christiana Hnup

Vielen Dank für diesen interessanten Bericht. Ich werde jetzt mit anderen Augen über den Cobenzl wandern.

Fritz Zeilinger

Sensationeller Artikel über eine Episode des Schisprungs in Österreich mit historischen Bilder und Spurensicherung des heutigen Zustands des Geländes garniert.
Einer meiner nächsten Ausflüge ist damit schon programmiert.

Danke!