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Karina Karadensky, 15.9.2022

Feministische Botschaften auf den Wänden Wiens

Von Dornröschen und Femiziden

Im Vergleich zu anderen Städten ist die Graffiti und Street Art-Szene Wiens oft zurückhaltend, wenn es um politische Botschaften geht. Auffällig ist jedoch in den letzten Jahren eine Zunahme an feministisch motivierten Statements und Murals, die auf den Wänden der Stadt zu entdecken sind.

Häufig wird argumentiert, dass schon der Akt des selbstautorisierten Sprayens per se ein politischer ist, weil er Eigentums- und Machtstrukturen des öffentlichen Raums hinterfragt. Wenn es aber nicht gerade einen Ibiza-Skandal oder einen Kriegsbeginn gibt, sind die Wiener Sprayer:innen selten explizit politisch oder aktivistisch hinsichtlich ihrer Botschaft. Das trifft für großflächige, künstlerisch aufwendige Murals genauso zu wie für illegale oder zumindest nicht-beauftragte Tags und Pieces.

Doch mit der zunehmenden Diversität der Szene und der steigenden Anzahl junger Frauen, die heute als Sprayer:innen unterwegs sind, kommen vermehrt auch feministische Themen auf den Wänden Wiens an. Die Mittel, Stile und Medien sind sehr unterschiedlich. Gemeinsamer Nenner ist die Motivation, gesellschaftlichen Diskursen öffentliche Sichtbarkeit und Reichweite zu geben und einen Raum für Mitgestaltung für FLINTA zu schaffen. 

Dornröschen in a Nutshell - verfluchte Prinzessin sticht sich an einer vergifteten Spindel und wird in hundertjährigen Schlaf versetzt. Wachgeküsst und gerettet wird sie von einem Prinzen, den sie schließlich heiratet. Ähnlich übrigens bei Schneewittchen – nur mit sieben Zwergen und einem vergifteten Apfel anstatt der Spindel, wachgeküsst und gerettet wird sie natürlich ebenfalls. Eine bewusstlose oder schlafende Prinzessin küssen, ohne ihr Einverständnis einzuholen? „I can’t consent when I sleep – if you kiss me I’ll make you weep“ – so sieht Linda Steiners zeitgenössisches Dornröschen die Situation.

Die Ripoff Crew, die 2018 von Käthe Löffelmann, Linda Steiner und Mariella Lehner gegründet wurde, ist eines der Kollektive, das sich regelmäßig feministischen Themen widmet. Gemeinsam sind vielen Arbeiten der Künstler:innen starke, raumnehmende Frauenfiguren, die sich nicht verstecken wollen. Auch gemeinsame Crew-Arbeiten finden sich im öffentlichen Raum. Immer noch am Donaukanal zu sehen ist „My Body My Choice“ von 2021, das für das Musikvideo zu Held:innenplatz von Philiam Shakesbeat, NENDA & XING gemalt wurde.

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Eternal Manila, Wien, 2022, Foto: Eternal Manila

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Eternal Manila, Wien, 2022, Foto: Eternal Manila

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Eternal Manila, Wien, 2022, Foto: Eternal Manila

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Andere Künstler:innen und Aktivist:innen konzentrieren sich ganz auf die inhaltliche Message. „When I go out I want to be free not brave“ oder „Sie vergewaltigen ihr schweigt. Wir plakatieren ihr schreit.“ Seit ca. zwei Jahren mehren sich im öffentlichen Raum Sprüche bestehend aus A4-Blättern mit jeweils einem Buchstaben in schwarzer Acrylfarbe, die von der Initiative Femplak an die Wände gekleistert werden. Ein einfaches Medium, für das nicht erst Spraytechniken oder andere künstlerische Fertigkeiten erlernt werden müssen. Das Ergebnis nicht ein ästhetisches, aufwendiges Kunstwerk, sondern eine Message, die im öffentlichen Raum deponiert wird.

Gewalt an Frauen und Femizide sind ein immer wiederkehrendes Thema. Im April 2021 machten das Kollektiv Kimäre und Viva la Vulva am Yppenplatz auf die Häufung von Femiziden in Österreich aufmerksam. Nur zehn Tage nach Fertigstellung der Gedenkwand musste die ursprüngliche Zahl sieben bereits durch die acht abgelöst werden. Bis Dezember 2021 wurde die Wand, trotz mehrfacher Übermalungen, bis zu „31“ in Stand gehalten.

Auch bei „Urban Cultures. Street Art am Bauzaun“ ist am Karlsplatz noch bis 2. Oktober 2022 eine Wand zum Thema Femizide zu sehen. Diese wurde von Feminist Killjoy gemeinsam mit dem feministischen Bündnis Claim the Space, das nach jedem Femizid zu einer Demonstration auf dem Karlsplatz aufruft, sowie mit Künstler:innen des Vereins Futuneras erarbeitet, um auch bereits präsenten Diskursen im öffentlichen Raum Platz zu geben. Und um zu zeigen, dass sich vielfältige Stimmen gemeinsam für ein wichtiges Thema einsetzen, das keine Privatsache, sondern ein gesellschaftliches Problem ist.

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Feminist Killjoy mit Claim the Space & Futuneras, Urban Cultures. Street Art am Bauzaun Part II, 2022, Fotos: timtom

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Feminist Killjoy mit Claim the Space & Futuneras, Urban Cultures. Street Art am Bauzaun Part II, 2022, Fotos: timtom

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Feminist Killjoy mit Claim the Space & Futuneras, Urban Cultures. Street Art am Bauzaun Part II, 2022, Fotos: timtom

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Feminist Killjoy mit Claim the Space & Futuneras, Urban Cultures. Street Art am Bauzaun Part II, 2022, Fotos: timtom

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Karina Karadensky studierte Kunstgeschichte und English and American Studies und absolvierte 2018 den /ecm-Masterlehrgang für Ausstellungstheorie & Praxis an der Universität für angewandte Kunst Wien. Seit 2018 ist sie in der Abteilung Ausstellungsproduktion, seit 2019 in den Internen Services des Wien Museums tätig. Bei Wien Museum Neu ist sie als Schnittstelle für die Nutzer*innenabstimmungen zuständig und für die Produktion der Ausstellungen am Bauzaun verantwortlich.

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