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Christian Hlavac, 10.2.2022

Wiens erste Blumenhandlungen

Für Zimmer- und Fenstergärten

Wer heute einen Strauß Rosen oder einen Topf mit blühenden Blumen kaufen will, braucht im Normalfall nicht weit zu gehen. Doch wie war das vor 200 Jahren? Wo erstand man in der ummauerten Stadt Pflanzen für die eigenen vier Wände oder das Fensterbrett?

Holland war über Jahrhunderte und ist noch immer das Blumenland par excellence. So verwundert es nicht, dass Blumenzwiebel bis weit ins 18. Jahrhundert zum größten Teil direkt aus Holland nach Österreich importiert wurden. Auch verschiedene Samen schickte man quer durch Europa, da sie leicht zu transportieren waren. Vermögende mit Grundbesitz vor der engen Stadt – die keinen Platz für private Gärten aufwies – hatten in den Vorstädten und Vororten Wiens ihren eigenen Garten mit Glashäusern und Gärtnerpersonal und konnten sich so ihren eigenen Blumenschmuck bereitstellen. Manche Gartenbesitzer hatten eben den Luxus eigener „Privat-Gärtnereien“ oder ließen ihre Handelsbeziehungen für den Import von Pflanzen spielen.

Wer diese Möglichkeiten nicht hatte, musste einfach ausgestattete Blumenstände auf öffentlichen Märkten oder Handelsgärtner aufsuchen, die ihre Betriebe in den Vorstädten hatten – vor allem in den heutigen Bezirken Landstraße und Wieden. Bequem war damals das Besorgen von Blumen und Pflanzen für die meisten Menschen nicht. Dies änderte sich erst mit Ende des 18. Jahrhunderts und der aufkommenden Blumenliebhaberei, die durch Kaiser Franz, einige Adelige und das aufstrebende Bürgertum vorangetrieben wurde. Damit einher ging eine stetig ansteigende Professionalisierung bei den Handelsgärtnern und die Errichtung von Blumengeschäften in der Stadt selbst. Handelsgärtner boten nun sogar Verträge an, die das ganze Jahr über die Lieferung von Blumenschmuck für die Wohnräume umfassten.

Und so verwundert es nicht, dass der Berliner Gärtner Carl Paul Bouché im Jahr 1808 ein eigenes Buch über den „Zimmer- und Fenstergarten“ und somit über die „Stubengärtnerei“ schrieb und darin festhielt, dass mit jedem Jahr es mehr Bedürfnis gebe, die Fenster mit Blumenstöcken zu besetzen und die Blumenliebhaberei mit jedem Tag wachse. Bouché beschreibt in seinem Werk auch jene Pflanzen, die unmittelbar in Zimmern getrieben werden können, also zur Blüte zu bringen sind, wie beispielsweise die Gartenhyazinthe, die Strauß-Narzisse, die Jonquille, das Gewöhnliche Schneeglöckchen oder die Feuer-Lilie.

Blumentöpfe standen nun nicht mehr nur am Fensterbrett, sondern auch auf eigenen Blumentischen. Auch Schalen, Ausnehmungen oder Aufsätze mit Metalleinsatz für Töpfe bei Schreibtischen, Nachttischen und sogar Armlehnen dienten der Aufnahme von Topfpflanzen oder von Blumen.

Handelsgärtner zieht es in die Stadt

Wer im ersten Viertel des 19. Jahrhunderts im Wiener Raum Pflanzen einkaufen wollte, fuhr oder ging zuallererst zur Handelsgärtnerei Angelotti oder zur Handelsgärtnerei Held. Wie schon der Name Angelotti verrät, stammten die ersten Vertreter dieser Gärtnerfamilie aus dem heutigen Italien, konkret aus einem kleinen Dorf in der Provinz Udine. Mehrere Generationen arbeiteten im Wiener Raum als herrschaftliche Gärtner oder „Kuchlgärtner“. Den Sprung zu bürgerlichen Handelsgärtnern schafften Johann Angelotti sen. und Johann Angelotti jun. Im November 1812 schaltete die Gärtnerfamilie Angelotti auf der Landstraße in der „Wiener Zeitung“ ihr erstes Inserat, in dem man auf den Verkauf von Blumen hinwies. Demnach erhielt man bei Angelotti in- und ausländische Pflanzen, Blumen und Zwiebeln. Zusätzlich bot man die „Besorgung“ von „Blumentischen und Wintergärten“ an. Auch gebe es fünf Sorten Strelitzien und verschiedene hochstämmige Rosen. Pelargonien kamen später als Angebot hinzu. 1834 machte Angelotti das Angebot „zur Bestellung der Balcons über den Sommer mit Blumen um die billigsten Preise.“ Es scheint das erste Mal zu sein, dass Balkone als Aufstellungsort von Blumen im Sommer explizit in Inseraten bzw. Verkaufskatalogen genannt wurden.

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Blumenladen in der Stadt

Im Februar 1822 machte der bürgerliche Gärtner Johann Konrad Rosenthal d. Ä. aus der Landstraße in einem Inserat in der „Wiener Zeitung“ unter dem Titel „Blumen-Verkaufsanstalt“ eine Neuerung kund: „Der Unterzeichnete hat von der Allerhöchsten Gnade Sr. Majestät des Kaisers zur Ausführung seines Allerhöchstdemselben vorgelegten Antrages, an der Augustiner Hofkirche ein zur Verschönerung des dortigen Locales beytragendes Gebäude auf seine Kosten herzustellen, und zu einer Blumen-Verkaufsanstalt zu benutzen, die Allerhöchste Bewilligung erhalten.“ Im soeben eröffneten Geschäft könne man dort nun täglich „Bestellungen auf monathweise, 4tägige und wochentliche Blumenlieferungen zur Besetzung der Blumentische und Alltanen, zu Decorirungen von Vasen, Zimmern, Tafeln etc.“ und für Blumenbouquets aufgeben. Rosenthal verkaufte in diesem Laden auch Vasen aus Porzellan und Glas, Gartentöpfe und Blumenzwiebel (Hyazinthen, Narzissen, Tulpen etc.). Das Ansuchen Rosenthals, zwischen den Strebepfeilern an der Augustiner-Kirche eine gemauerte Pflanzen- und Blumenverkaufshütte errichten zu dürfen, stammte aus 1820.

Rosenthal wollte – das Argument unterstützte sein legitimes kaufmännisches Vorhaben – „zu der seit einigen Jahren mit so ausgedehnter Sorgfalt erzweckten vor dem Publikum und allen Freunden anerkannten Verschönerung eines Teiles der Stadt Wien“ beitragen und dem „schon so oft besprochenen Mangel des Verkaufes der Blumen in der Stadt selbst“ abhelfen. 1822 erschien ein anonym verfasster Beitrag über diese neue, gemauerte Blumenhütte: „Wien, das in seiner Verschönerung Riesenschritte macht, erfreut sich nun auch, wenn gerade nicht wie in Paris eines Blumenmarktes, doch einer Blumen-Verkaufsanstalt, deren Begründung hier umso mehr eine ehrenvolle Erwähnung verdient, als es schon lange der laut ausgesprochene Wunsch der zahlreichen Schönen unserer herrlichen Kaiserstaat, und aller hiesigen Blumenfreunde war, nicht bloß Blumen bey den hier einzeln zerstreuten Blumen-Verkäufern zu finden, sondern ein bedeutendes Locale hierzu vorgerichtet zu sehen, wo jeden Morgen die schönsten Kinder der immer sich verjüngernden Flora, mögen sie nun hier im Freyen oder in Glashäusern ins Leben getreten seyn, zur beliebigen Auswahl zum Kaufe angebothen werden.“

Auch der Rosenthalʼsche Blumenladen hat seine Wurzeln indirekt im Ausland, denn der Begründer der Gärtnerei namens Johann Konrad Rosenthal stammte aus dem damaligen Kurhessen. Spätestens 1798 übersiedelte er nach Wien, arbeitete als herrschaftlicher Gärtner und gründete spätestens in den 1820er-Jahren auf der Landstraße einen eigenen Handelsgärtnerbetrieb samt Baumschule.

Erster Blumenladen 1791

Der Blumenladen von Rosenthal war nicht der erste seiner Art. So lässt sich bereits für Ende 1796 ein Blumenladen an der Schottenkirche nachweisen: Der Matzleinsdorfer Gärtner Franz Xaver Bees inserierte in der „Wiener Zeitung“, dass in seinem „Blumenhaus“ an der Schottenkirche „verschiedene Blumenzwibel zu verkaufen [sind], wovon das Verzeichnis eben allda nebst den beygesetzten Preisen zu haben ist. Ferner ist daselbst ein sehr feines und wohlriechendes Potpourry […] zu haben.“ Dort verkaufte Bees auch Blumen- und Gemüsesamen aus eigenem Anbau. Die „Samen- und Blumenverschleißhütte“ an der Schottenkirche bestand zumindest bis zu seinem Tod im Jahr 1811.
Eine noch früher gegründete Blumen- und Samenhandlung gab es spätestens ab 1791 in einem Gewölbe am Neuen Markt neben der Kapuziner Pforte. Der Gumpendorfer Gärtner Johann Podleßny brachte 1800 eigens ein Verzeichnis jener holländischen Blumenzwiebelsorten heraus, welche zum „Treiben, und im Winter an den Zimmerfenstern blühen zu lassen, als der anmuthigste Blumenschmuck gebraucht werden“ und bei ihm erhältlich seien. In der Vorrede des Verzeichnisses lobt Podleßny die Holländer: Diese wissen sich „im Winter einen Frühling in ihren Zimmern zu schaffen, aber nicht ohne künstlichen Fleiß.“ In der Vorrede gibt der Autor auch Tipps, wie man in Blumengeschirren „Blumenzwiebeln zum Blühen treiben will“.

Das Angebot wächst

Ab den 1820er-Jahren gab es in der Stadt mehrere Geschäfte, die explizit als Blumenladen bezeichnet wurden, so die Kurzbauerische Blumenhandlung am Kohlmarkt und die Blumenhandlung des Herrn Schwer unweit des Grabens. Ein weiterer Blumenladen, der explizit so genannt wurde, befand sich ab 1845 im ein Jahr zuvor neu errichteten Zwettlhof am Stephansplatz. Darin wurden „exotische Gewächse“ verkauft und „lebendige Blumen“, deren Anblick in der kalten Jahreszeit „einen eigenthümlich poetischen Eindruck hervorbringt“.

Eine weitere Blumenhandlung führte der Landstraßer Handelsgärtner und Samenhändler Jakob Baumann, dessen Geschäft in der Weihburggasse – in dem unter anderem holländische Blumenzwiebel verkauft wurden – spätestens ab 1830 bestand. Sein Sohn Carl übersiedelte 1832 diesen Laden in die Rauhensteingasse. Hinzuweisen ist auch auf den Wiedner Handelsgärtner Martin Graber, der ab 1840 im sogenannten Bazar im Seitzerhof (Tuchlauben) ein „Blumen- und Pflanzenverkaufs-Lokal“ hatte, in dem man Pflanzen für Blumentische, Bouquets, Wintergärten und den eigenen Garten kaufen konnte. Besonderen Wert legte er auf Kamelien und Hortensien.

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Neben den erwähnten Angelottis galten die Helds als herausragende Handelsgärtnerfamilie jener Zeit. Der bürgerliche Gärtner Johann Held hatte ebenfalls auf der Landstraße eine Gärtnerei aufgebaut. 1791 inserierte er erstmals den Verkauf von Obstbäumen und Gartengewächsen. Spätestens im Jahr 1824 muss sein Sohn, Joseph Held, den Betrieb ganz übernommen haben. Jenes Jahr brachte eine Neuerung: Joseph Held eröffnete in einem Gassengewölbe am Franziskanerplatz einen Blumenladen, der auch als Blumen-Verschleißgewölbe bezeichnet wurde. Held ließ in einem Inserat in der „Wiener Zeitung“ wissen, dass man dort „mit allen Gattungen lebender Blumenstöcke, zur Garnirung der Fenster, Blumentische, dann zur Zierde der Gärten, so wie auch Blumen-Bouqueten, auf das Billigste bedient werden kann.“ Diese Blumenhandlung lässt sich unter seiner Leitung bis 1838 nachweisen. Immer wieder inserierte Held, um auf spezielle Pflanzen hinzuweisen, die man in diesem Laden erwerben konnte, wie zum Beispiel blühende Kamelien.

All diese für die damalige Zeit neuartigen Verkaufsläden zeigen, dass die Handelsgärtner aus den Vorstädten spätestens in den 1820er-Jahren den wirtschaftlichen Sprung in die Stadt wagten und so die „Blumenliebhaberei“ unterstützten.

 

Literatur:

Carl Paul Bouché: Der Zimmer- und Fenstergarten. Berlin 1808

Ursula zu Dohna: Blumenmöbel der Zeit um 1800. In Erika Schmidt, Wilfried Hansmann, Jörg Gamer (Hrsg.): Garten Kunst Geschichte. Festschrift für Dieter Hennebo zum 70. Geburtstag. Worms 1994, S. 113–115

[Johann Podleßny]: Verzeichniß der holländischen Blumenkiele von allerfrühesten und schönsten Sorten, welche zum Treiben, und im Winter an den Zimmerfenstern blühen zu lassen, als der anmuthigste Blumenschmuck gebraucht werden […] Catalogus Batavorum Florum. Wien 1800

Christian Hlavac studierte Landschaftsplanung an der Universität für Bodenkultur Wien und Architektur an der TU Wien. Er arbeitet als Landschafts- und Gartenhistoriker sowie als Publizist. Im September erschien sein neues Buch „Lilienfeld. Von weißen Mönchen und weißem Sport“ im Christian Brandstätter Verlag.

 

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Kommentare

Redaktion

Liebe Frau Scherbaum, liebe Frau Rieser, lieber Herr Rauscher!
Vielen Dank für Ihre Rückmeldungen, die wir gerne an den Autor weiterleiten! Herzliche Grüße, Peter Stuiber (Wien Museum Magazin)

Helmut Rauscher

Ein sehr Interessanter Aufsatz zu einem wenig bekannten Thema.
Danke sehr
Helmut Rauscher

Brigitte Rieser

Sehr spannend, danke.

BrigitteR

Scherbaum Christa

Ich bin Blumenliebhaberin und danke für den interessanten Beitrag.
Besten Gruß
Christa Scherbaum