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Regina Karner, 27.6.2021

Bademode für Damen – Teil 1

Vom Hals bis zu den Knöcheln

Weibliche Bademode unterlag lange Zeit streng moralischen Kriterien: Man ging mit Bluse und langem Beinkleid ins Wasser, was freilich nicht sehr praktisch war. Erst in den 1920er Jahren setzte sich funktionelle Kleidung durch.

Die erste Darstellung von Damenbadekleidung findet man auf einer Illustration von Franz Wolf aus dem Jahr 1833 und zeigt Frauen in knappsitzenden Oberteilen mit tiefem Dekolleté, kurzen Ärmeln und Kniebundhosen beim Schwimmen in der „Ferdinand-Marien-Donau-Schwimm- und Badeanstalt" am Tabor nächst dem k. k. Augarten. Herren war, der Schwimmlehrer ausgenommen, der Zutritt strengstens untersagt. In den nächsten Jahrzehnten suchte man vergebens nach Artikeln oder Abbildungen über Badebekleidung in den Modezeitschriften. Erst als das wohlhabende Bürgertum vermehrt auf Kur und zur Sommerfrische fuhr, begann allmählich eine Berichterstattung in Sachen Bademode. Dieser Trend verstärkte sich, als die Südbahn 1856 von Wien nach Triest fertiggestellt war und die „oberen Zehntausend“ ihre Sehnsucht nach dem Süden stillen konnten und bequem an die Adria nach Grado, Duino, Portoroz und Abbazia reisten.

Anfangs berichteten die Modejournale noch zurückhaltend, da man unschlüssig war, ob Badekleidung in die Kategorie der Mode gehörte. Das änderte sich aber sehr schnell. Vor der Sommersaison publizierten die Journale regelmäßig nicht nur über Kurorte- und Strandtoiletten, sondern auch über Badeanzüge samt dazugehörenden Accessoires. Während die Schnitte der Beinkleider nahezu gleich blieben, veränderten sich in den 1890er Jahren die Oberteile. Sie erhielten große dekorative Krägen, breite Revers, herzförmige Ausschnitte, miederförmige Gürtel, kurze Puff- und Flügelärmel und Matrosenkrägen.

Um das Jahr 1895 nahmen die Ärmel ballonartige Ausmaße an. Neue Formen, wie Hemdhosenanzüge erweiterten das Angebot. Nach 1900 reichten die mit Borten, Bändern, Stickereien und Knöpfen verzierten Oberteile der Badeanzüge bis zum Knie. Schwimmbegeisterte Frauen bevorzugten einteilige Schwimmanzüge aus Trikot, sorgten damit jedoch noch bis in die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg für allerlei Ungemach, da sie im nassen Zustand die Körperkonturen allzu deutlich zum Vorschein brachten. 

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Zum kompletten Outfit trug man schwarze Strümpfe, ein Bademieder, Badehauben, Bademützen und Badekappen aus Wachsleinen oder Wachstaft, nach 1900 Kautschukhauben mit Seide überzogen, Badeschuhe aus Bast, Leinen oder Gummi und einen losen weit geschnittenen Bademantel oder ein Badecape mit Kapuze.

Erst die 1920er Jahre brachten den Durchbruch zu einer funktionellen Bademode. Endlich akzeptierte man einteilige tief ausgeschnittene Trikotanzüge mit kurzen Beinen. Allerdings lediglich als Schwimmanzug. Zum Sonnenbaden schlugen die Modejournale sackartige Kasacks mit kurzen Ärmeln vor, sowie hemdartige Leibchen mit schmalen Trägern und kurzen Hosen aus meist schwarzer Seide oder Baumwolle. Als sehr neu und vor allem schick präsentierten sich die 1928 in Mode gekommenen „amerikanischen Trikots“ aus Wolle oder Wollseidengemisch, mit Querstreifen, bunt gemustert oder unifarben erzeugt, enganliegend mit rundem Halsausschnitt, kurzen Beinen und Gürtel. Dazu setzte man Turbane oder Pullmankappen auf und schlüpfte in Badeschuhe aus Leinen, Baumwolle und Bast zum Schnüren und solche mit Ristspangen und über den Knöchel gekreuzten Bändern. Die Bademäntel und Capes fertigte man weiterhin aus Frottee mit geometrischen und abstrakten Mustern. 

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Außergewöhnlich interessante Rückendekolletés sah man an den Badeanzügen der 1930er Jahre.  Schlicht im Schnitt aus Wolltrikot mit angeschnittenen Beinen in den Farben Rot, Schwarz, Grün und Blau. 1935 kamen Badeanzüge mit durchzogenen Gummifäden auf den Markt. Ein Jahr später die Sensation auf den Laufstegen: Badeanzüge aus Kunstseide. Zum Flanieren eigneten sich Strandanzüge, Zweiteiler mit taillenhohen Hosen und große breitkrempige Strohhüte mit Sandalen oder Halbschuhen aus Gummi, Bast oder Leinen. Zum Schwimmen verwendete man erstmals enganliegende Gummibadehauben.

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Literatur:

Iris Pariser Damenzeitung 1863

Der Bazar 1863 – 1932

Die Modenwelt 1866 – 1890

Wiener Mode 1888 – 1930

Vogue Paris 1920 – 2020

Ingrid Loschek: Mode im 20. Jahrhundert. Eine Kulturgeschichte unserer Zeit. München 1988

Werner Timm: Vom Bade Hemd zum Bikini. Bademoden und Badeleben im Wandel der Zeiten. Husum 2000

Barbara Vinken: Mode nach der Mode. Geist und Kleid am Ende des 20. Jahrhunderts. Frankfurt/Main 1993

 

Teil 2 dieses Beitrages lesen Sie hier.

Regina Karner ist Modehistorikerin und war bis 2021 Leiterin der Modesammlung im Wien Museum. Forschungsschwerpunkte: Modegeschichte, Festkultur sowie Stadt- und Kulturgeschichte im 19. und 20. Jahrhundert.

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Kommentare

Fritz Zeilinger

Sehr wissenschaftliche Abhandlung ohne Fotos aus der Kritzendorfer Hochblüte ;-)