
Fernsehkoch Franz Ruhm im Studio, 1960, Ullstein Bild / picturedesk.com
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Vom Radiokoch zu TV-Köchinnen
Serviervorschlag: Gleichberechtigung
„Was soll ich heute kochen?“, diese Frage haben sich viele bestimmt schon des Öfteren gestellt. Oft sind es Frauen, die sich darüber Gedanken machen. Dann wird das Handy in die Hand genommen, der Browser geöffnet – und unzählige Möglichkeiten tun sich auf. So sieht der österreichische Weg zur Rezepte-Vielfalt aus.
Möglichkeiten, neue Rezepte zu finden, gibt es schon lange, zuerst durch Zeitschriften und im Radio, dann auch im Fernsehen. Man konnte sich von den Stars der Küche etwas abschauen und sich inspirieren lassen. Einer von ihnen war Österreichs erster Radiokoch, Franz Ruhm. Ruhm war aber nicht nur für seine Stimme bekannt. Auch sein Gesicht löste bei vielen Österreicher:innen in den 1960er Jahren ein Gefühl von Vertrautheit aus, denn er war Österreichs erster Fernsehkoch. Er schaffte es, sowohl in der österreichischen als auch in der deutschen Medienwelt Fuß zu fassen – er hat sich also tatsächlich vom Tellerwäscher zum Radio- und Fernsehkoch hochgearbeitet. In über 2.000 Radiosendungen war er zu hören, er veröffentlichte Kochbücher und die Monatshefte „Wiener Küche“, die in seinem eigenen Verlag erschienen.

Seinen ersten Fernsehauftritt hatte er am 21. Dezember 1955 in der Sendung „Weihnachtsspezialitäten“. Anschließend war er bis 1961 regelmäßig in der Sendung „Fernsehküche“ zu sehen. Im ORF folgten ihm Ernst Faseth, Helmuth Misak und Hans Hofer als Fernsehköche nach. Von Frauen fehlte bis dahin weit und breit jede Spur.
Spitzenköchinnen
Bis in die 2000er Jahren hat sich diesbezüglich nicht viel geändert. Kaum eine Frau hat bzw. hatte ihre eigene Kochsendung im österreichischen Fernsehen. Erst Lisl Wagner-Bacher wirkte das erste Mal 2003 bei „Frisch gekocht“ mit. Ihr folgte 2007 Sarah Wiener in „Die kulinarischen Abenteuer der Sarah Wiener”. Weitere Frauen sind auf der Liste der damaligen österreichischen Fernsehköche und -köchinnen allerdings nicht zu finden – und das, obwohl es im Privaten ganz anders aussieht. Oft sind es nämlich selbst heute noch die Frauen, die sich Gedanken über das Essen machen und neben dem Erledigen der sonstigen Hausarbeit auch den Kochlöffel schwingen müssen.
Die bereits genannte Lisl Wagner-Bacher gilt bis heute in der doch sehr männerdominierten Kochszene als eine Gastronomie-Pionierin. Als sie 1979 gemeinsam mit ihrem Mann Klaus Wagner das Landhaus Bacher von ihren Eltern übernahm, hat sich nicht nur der Ruf des Landhauses schlagartig geändert, sondern auch das Leben von Lisl Wagner Bacher. Das Landhaus war einst für die typische Hausmannskost bekannt, doch unter der Leitung von Lisl Wagner-Bacher wurde es schnell zu einem Geheimtipp für Feinschmecker:innen. So wurde auch der Gault Millau auf das 1953 in Mautern geborene Ausnahmetalent aufmerksam.
Mit nur 30 Jahren wurde sie als erste:r Österreicher:in vom Gault Millau mit dem Titel „Koch des Jahres“ gekürt. Im gleichen Jahr erhielt sie außerdem ihre zweite Haube (die erste erkochte sie im Jahr davor). Sie ist besonders für ihre regionale und saisonale Küche bekannt und war schon damals der Meinung, dass Fleisch als Beilage und Gemüse als Hauptspeise auf den Teller kommen sollte. Im Laufe ihres Lebens wurden ihr zahlreiche weitere Preise verliehen, unter anderem die dritte Haube im Jahr 1995. 2003 sowie 2004 wurde das Landhaus Bacher obendrein als bestes Restaurant Österreichs ausgezeichnet. Neben den Auszeichnungen hat sie auch zahlreiche Kochbücher auf den Markt gebracht. Heute steht ihr Schwiegersohn Thomas Dorfer in der Küche des Landhauses Bacher. Er hat zusammen mit Wagner-Bachers Tochter Susanne das Landhaus übernommen. 2009 wurde auch er mit dem Titel „Koch des Jahres“ ausgezeichnet und hat sich bereits drei Hauben erkocht.
Echtzeit
Obwohl Lisl Wagner-Bacher gezeigt hat, dass es auch als Frau möglich ist, sich als Spitzenköchin einen Namen zu machen, ist die Lage noch immer ähnlich wie in den 1950er Jahren. Kaum eine Frau ist auf der Liste der „100 best chefs – die besten Köche Österreichs im Ranking“ von rolling pin. zu finden. Auch in österreichischen Kochsendungen waren in den vergangenen Jahren oftmals nur Männer zu sehen. Die bekanntesten unter ihnen sind bestimmt Andreas Wojta und Alexander Fankhauser, die sechs Jahre lang in „Frisch gekocht” über den Bildschirm flimmerten. Trotz der auf den ersten Blick scheinbar unveränderten Lage hat sich zwar in den Restaurantküchen nicht viel getan, dafür aber in privaten Küchen, die via Social Media zu öffentlichen Bühnen wurden. Oft sind es nämlich Frauen, die mit ihren in der privaten Küche zubereiteten Gerichten millionenfach Klicks auf Instagram und TikTok erzielen. Besonders beliebt sind Rezepte, die in wenigen Minuten zubereitet sind, oft ohne Fleisch serviert werden und gleichzeitig sehr gesund sind. Auch Gerichte, die man besonders schön anrichten kann, um sie dann wiederum selbst im Internet zu posten, sind sehr beliebt. Auch in Österreich gibt es in auf Social Media einige die durch ihre Kochkünste berühmt wurden. Es reicht vom fragdieoma.blog mit Renate Kaufmann, die vor allem typische Hausmannskost kocht. Bis hin zu Alina Töpfermann, die unter dem Namen theveganaustrian gesunde und vegane Rezepte auf TikTok und Instagram veröffentlicht.

Seit 2020 hat sich auch unter den österreichischen Fernsehköchen und -köchinnen ein neues weibliches Gesicht etabliert: Silvia Schneider lädt in ihrer ORF-Sendung „Silvia kocht“ von Montag bis Donnerstag (jeweils 14 Uhr) Köchinnen und Köche ein, mit ihr gemeinsam Spezialitäten aus verschiedenen Regionen Österreichs zu kochen. Am Freitag folgen dann wöchentlich regionale Erkundungen des Landes mit kulinarischen Tipps von Schneider. Erst im letzten Jahr hat sie eine Kochlehre bei dem Drei-Hauben-Koch Christian Göttfried absolviert. Denn bevor sie ihre eigene Kochsendung startete, hat die ausgebildete Juristin und Schauspielerin unterschiedlichste Sendungen wie „Kiddy Contest“ und „Herz von Österreich” moderiert.
Auf die Frage: „Was soll ich heute kochen?“ gibt es mittlerweile viele Antworten – nicht nur im Fernsehen. Egal ob vegan, Fleisch oder internationale Speisen, auf TikTok, Instagram und Co. kann man in Sekundenschnelle tausende Rezepte finden. Von der Zeit, in der es nur Radioköche gab, bis heute, hat sich einiges getan. Nicht nur darin, wie Kochsendungen – und Videos konsumiert werden: nämlich unterwegs am Handy und nicht zuhause vor dem Radioapparat. Sondern auch darin, welche Rollen die Frauen dabei spielen. So sehr sie den Bereich von Social Media für sich erobert haben, so erstaunlich ist, dass sie im Bereich der klassischen Medien und der Gatroszene zwar aufgeholt haben, aber immer noch unterrepräsentiert sind.
Dieser Beitrag entstand im Rahmen einer Kooperation mit der FH Joanneum, Studiengang Journalismus und Public Relations. Studierende haben im Frühjahr 2024 die neue Dauerausstellung des Wien Museums besucht und danach – von einzelnen Objekten oder Themen ausgehend – Beiträge für das Wien Museum Magazin konzipiert, recherchiert und geschrieben. In diesem Fall war der Bereich über Konsum und Haushalt der Nachkriegszeit der Ausgangspunkt für den Text.
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